Was steckt hinter corvitac?
In der Landwirtschaft schreitet die Automatisierung von Arbeitsprozessen schon lange voran – so auch in der Tierhaltung. In der Digitalisierung steckt viel Potenzial für tierhaltende Betriebe: Nicht nur die Erleichterung von körperlich oder zeitlich intensiven Tätigkeiten, sondern auch die Unterstützung bei der Gewährleistung von sicheren Lebensmitteln und Tierwohl.
corvitac hat ein solches Potenzial aufgespürt. Das Startup entwickelt kamerabasierte Zählsysteme für Schweine. Ihr System erfasst und verarbeitet die Zählungsdaten automatisch, beispielsweise für gesetzlich vorgeschriebene halbjährliche Tierbestandsmeldungen zu Stichtagen oder bei Tierbestandsänderungen. So können nachweisbar korrekte Zahlen erhoben und automatisiert an öffentliche Datenbanken gemeldet werden. Die automatisierte Zähltechnologie löst das fehleranfällige und mitunter zeitaufwändige händische Zählen ab, das bisher der Standard in den Betrieben ist.
Die Idee entstand im Schweinestall
Die Idee zum bildgestützten Zählsystem kam dem Gründer Manuel Sprehe auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb. Als zu einer Stichtagsmeldung über den Schweinebestand auch wiederholte Zählungen unterschiedliche Ergebnisse lieferten, war sich der Maschinenbau-Ingenieur sicher, das Problem müsse sich smarter lösen lassen: „Ich habe kurzerhand ein erstes Zählprogramm geschrieben, das noch nicht automatisiert funktionierte. Nach und nach habe ich ausgelotet, welches Potenzial darin steckt. So entstand die Idee für ein System, das mittels Bilderkennung selbstständig zählt.“
Von diesem Potenzial konnte Sprehe auch seine Mitgründer*innen überzeugen. Timo Kaiser ist der KI-Experte im Team: Er studierte Mechatronik und promoviert mittlerweile im Bereich Computer Vision, während Yiyun Luo als studierte Elektro- und Informationstechnikingenieurin die Spezialistin für das Frontend der Software ist. Sprehe steuert neben seinem technischen Wissen aus dem Maschinenbau-Studium die branchen- und betriebswirtschaftliche Erfahrung aus der Landwirtschaft bei.
EXIST-Stipendium sicherte die Prototypen-Entwicklung
Auf dem Weg von der Idee zum Markteintritt halfen dem Team die Angebote der Startup-Förderung an der Leibniz-Universität Hannover. Auf das erfolgreich absolvierte Student Accelorator Programm für Robotics und Automation folgte mit der Unterstützung durch starting business die Bewilligung des EXIST-Gründerstipendiums. Das Stipendium aus dem Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sicherte die initiale Finanzierung zur Entwicklung des Prototyps. „Ohne EXIST wäre die Entwicklung schwierig geworden. Und es hätte auch bedeutet, sehr früh viele Unternehmensanteile abzugeben“, blickt Sprehe zurück.
Die 2019 gegründete corvitac GmbH vertreibt heute verschiedene Zählsysteme für die Schweinehaltung im deutschen und internationalen Markt. Dazu konnte das Startup einen erfahrenen Vertriebspartner gewinnen, der die Vertriebsstrukturen im Unternehmen unterstützt. Gründer Sprehe hat eine klare Perspektive für die zukünftige Entwicklung des Startups: Er möchte mit corvitac umfassende automatisierte Monitoring-Leistungen für die Tierhaltung anbieten. Die jetzt bereits erhobenen Tierbestandszahlen sollen zukünftig mit anderen Betriebsdaten sinnvoll integriert werden. Ihre Systeme sollen nicht nur die bürokratische Dokumentation erleichtern, sondern auch das Betriebsmanagement automatisieren und optimieren.
Team und Gründungsunterstützung entscheidende Erfolgsfaktoren
Sprehe weiß zu schätzen, wie gut das Gründer*innen-Team zusammenarbeitet und so maßgeblich zu corvitacs Erfolg beiträgt. Von Beginn an sei den Dreien eine offene und proaktive Kommunikation in einem verbindlichen Rahmen wichtig gewesen. „Trotz allem braucht man auch schlicht Durchhaltevermögen für alle Herausforderungen, die einem begegnen werden.“ Das haben Sprehe und sein mittlerweile zehnköpfiges Team bisher bewiesen.
Auch die vielfältigen Beratungs- und Coaching-Angebote und Startup-Programme haben corvitacs Weg entscheidend geprägt, ist sich der Gründer sicher. Von der rechtlichen Beratung über Startup-Bootcamps, Workshops zu Online-Marketing bis hin zu Startup-Wettbewerben konnte das Team so nicht nur fachlichen Input erhalten, sondern auch eine gute Anbindung an Startup-Netzwerke, Branchenkontakte und Medienaufmerksamkeit gewinnen.
Was soll die Zukunft bringen?
„Die Netzwerke über den landwirtschaftlichen Betrieb meiner Familie haben uns vor allem in der Anfangsphase des Startups sehr geholfen, um erste Produkttester und Kunden zu akquirieren“, berichtet Manuel Sprehe. Rückblickend empfiehlt der Gründer jedoch, nicht nur auf bestehende persönliche Netzwerke zurückzugreifen, sondern auch aktiv auf persönlich unbeteiligte Marktakteure zuzugehen. Hierin sehe er die Chance neutrales Feedback und ehrlich interessierte potenzielle Kunden zu gewinnen. „Auch den Fokus auf andere Branchenakteure und ihre Voraussetzungen und Unternehmenswirklichkeiten zu weiten, hilft, die unterschiedlichen Bedarfe am Markt besser zu verstehen“, weiß der Gründer. Anfangs nahm das Team vor allem kleinere landwirtschaftliche Betriebe in den Blick und realisierte erst später das große Interesse von großen und internationalen Betrieben für ihre Produkte. Das Potenzial auf internationalen Tierhaltungsmärkten verfolgt das Startup seither aktiv und durchläuft aktuell ein chilenisches Startup-Programm zur Vorbereitung auf den Eintritt in den lateinamerikanischen Markt.
verfasst von: Manuel Sprehe